Empathisch-demokratische Ökonomie

‚Sorgearbeit‘ für das Klima hat heute oberste Priorität. Wenn wir die Biosphäre  der Erde zerstören, geht gar nix mehr.

Das Übel liegt in der Art und Weise unserer Ökonomie, als Ausdruck unserer Überzeugungen, Einstellungen und Haltungen, Ökonomie als Teil der ‚angewandten Weltanschauung‘. Erde, Tier- und Pflanzenreich und auch Menschen werden als Objekte gesehen, die für wirtschaftliche Interessen ausbeutbar sind.

In den letzten Jahrzehnten hat sich zusätzlich die Supralogik der Gewinnmaximierung herausgebildet, der unabhängig von den Folgen alles andere untergeordnet wird. Zweck der Ökonomie ist es nicht mehr, die wichtigsten Bedürfnisse der Menschen abzudecken, sondern Zweck der Menschen ist es, den Unternehmen Profit zu bringen. Menschen wurden zur bloßen Funktion einer gewinnmaximierenden Wirtschaft.

Sorgearbeit für das Klima würde eine Änderung dieser Grundhaltung bedeuten. Erde und alles was auf ihr lebt und blüht, ist nicht Objekt sondern Subjekt. Erde ist Subjekt mit und in dem wir leben, in Verbundenheit und ständigem Stoffwechsel. Sie braucht Wertschätzung und Empathie genauso wie wir.

Menschen haben Macht. Sie haben die Macht, Erde und Leben Gewalt anzutun. Sie haben aber auch die Macht, mit Erde und Leben in wertschätzendem Miteinander zu leben. Die Erde kann auch ohne uns, aber wir nicht ohne sie. Wir sollten sie respektvoll behandeln.

Damit ist eines klar: Grundlage einer empathisch-demokratischen Ökonomie ist das System Erde und seine Grenzen. Ökonomie sollte für die Grundbedürfnisse der Menschen da sein, wenn möglich auch darüber hinaus, aber immer mit Blick auf das Wohl des ungeteilten Ganzen von Natur und Kultur, dem System Erde.

Heisl Dialog

Wisch und Weg
oder
Respekt und Anerkennung

Foto Ingo Josepf von pexels

Es ist das Vorrecht der Jungen aufzuschreien, wenn sie Unrecht sehen, ohne sich lange über Formulierungen Gedanken zu machen. Die honorigen Verantwortungsträger der politischen Führung stehen in ihrer Funktion jedoch in der Pflicht, besonnen, vernünftig und korrekt zu handeln – und vor allem verantwortungsvoll.

Einige führende SPÖ-Funktionäre lassen diese Eigenschaften derzeit schmerzlich vermissen, im Gegenteil, sie begeben sich auf ein sprachliches Niveau, das man sonst eher aus anderen Kreisen kennt. Die „Grünen und ganzen anderen Heisln da draußen“ – so sprach’s am Parteitag und mit einem Wisch sind Politiker:innen und politisch Andersdenkende pauschal entwertet. Mitgemeint auch die Wissenschaft, im Besonderen Wissenschaftler:innen von Scientists for Future, die einen Tag zuvor einen öffentlichen Brief an die SPÖ formuliert haben – detailliert, sachlich fundiert und korrekt formuliert.

Wenn der Bürgermeister dann meint, es sollte doch mehr um die Inhalte gehen (Kronenzeitung), wäre er gut beraten, eben jenen offenen Brief zu lesen. Dort geht es nämlich um Inhalte und nicht, wie zumindest bei einigen lärmenden SPÖ Funktionären um Herabwürdigung und Entwertung.

Meinungsvielfalt, Diskussion und Dialog sind die Substanz demokratischer Kultur und somit auch der Sozialdemokratie. Für konstruktive Gespräche braucht es aber eine Atmosphäre des Respekts und der gegenseitigen Anerkennung. Es wäre Aufgabe der Politik für Rahmenbedingungen zu sorgen, die auch bei gegensätzlichen Positionen ein konstruktives Miteinander ermöglichen. Nur so ist eine Krise in der Dimension der Klimakrise bewältigbar.

Trio Infernal

Krieg, Corona und Klima


‚Mariupol wurde in der Nacht wieder beschossen – Über 50.000 Neuerkrankungen an einem Tag – Der Frühling ist viel zu trocken, Bauern bangen um den Ertrag.‘

Das „Trio Infernal Krieg, Corona und Klima“, begleitet uns seit einiger Zeit in sämtlichen Medien und doch ist jede einzelne Nachricht schon ziemlich normal geworden. Ob Zerstörung und menschliche Opfer im Ukrainekrieg, Todeszahlen der an Corona Verstorbenen oder Berichte von Unwettern, Waldbränden oder Überschwemmungen – ich höre die Nachricht während ich mir ein Stück Käse auf den Teller angle.

Einerseits sind diese Ereignisse bereits so ausreichend in den Alltag integriert, dass sie uns nicht blockieren, geht ja auch nicht anders, wenn wir funktionieren wollen, andererseits ist irgendwas anders. Grundlegend anders. Weder die nähere noch die fernere Zukunft strahlt uns mit ungetrübten Verlockungen entgegen, unbeschwert in die Zukunft schauen und sich auf Möglichkeitsräume freuen, die sich uns vielleicht erschließen möchten – das ist vorläufig vorbei. Die Luft ist nicht mehr so leicht wie früher.

Immer öfter bemerke ich, wie auch Menschen, die ansonsten sehr widerstandsfähig sind und viel aushalten können, nicht mehr so gut drauf sind, wie bisher gewohnt, öfter bedrückter wirken, sich öfter über irgendetwas beklagen oder auch leichter reizbar sind. Manchmal sehr deutlich, manchmal nur in Nuancen. Doch die sind unübersehbar.

Jede und jeder verarbeitet unterschiedlich, jeweils auf die eigene Art, doch reagieren tun wir alle darauf. Von schlechter Laune und leichter depressiver Verstimmung bis zur krankheitswertigen Depression, von vermehrter Müdigkeit, verzögertem Einschlafen bis zur Ein- und Durchschlafstörung, von leichterer Reizbarkeit, innerer Unruhe bis zu massiven Ängsten, von leichten Somatisierungen bis hin zur Entwicklung körperlicher Beschwerden und Erkrankungen. Wir reagieren auf die Dauerbelastung durch das Trio Krieg, Corona und Klima. Die Luft ist schwerer, die Welt dunkler geworden.

Auf der anderen Seite strahlen Welt und Natur in der Frühlingssonne so schön wie eh und je und bieten uns Oasen der Erholung für die wunde Seele. Und – gegen Corona kann man sich (zumindest teilweise) schützen, für Frieden demonstrieren, für die ukrainische Bevölkerung spenden, und Möglichkeiten, sich für das Klima zu engagieren, gibt es viele. Ändert nicht alles, ist klar. Aber hilft gegen das Gefühl der Hilflosigkeit und entfaltet hier und da und dort auch konkrete Wirkungen.

Die im Dunklen sieht man doch

Die im Dunklen sieht man doch

oder

Kurz für die Einführung von Bürger:innenräten

Foto von Dorran von Pexels

Unfreiwillig unterstützt der nach Jahren junggebliebene Altkanzler durch seine ruchbargewordenen Machteskapaden die Weiterentwicklung der Demokratie. Die Einsicht in die Hintergründe der türkisen Regierungsmannschaft wird ihre Spuren in Einstellung und Verhältnis der Bevölkerung zur Politik hinterlassen. Misstrauen ist angesagt, wenn man bedenkt, dass es nicht um Einzelpersonen geht, sondern um ein System, dem neben einem türkisen Personenkreis auch andere Personen und Parteien zugehörig sind oder waren. Vor allem jene, die sich schon jahrzehntelang Machtpositionen wechselseitig aufteilen.

„Soweit bin ich noch nie gegangen“

Jetzt hat sie Risse bekommen und Licht erhellt den dunklen Sumpf über dem die Fassade errichtet wurde. Die Vielen bekommen Einsicht in die Spiele der Macht der Wenigen. Intrigante Machtgier hat es schon immer gegeben, das stimmt schon. In dieser Ausprägung von Menschenverachtung, Kaltschnäuzigkeit und Arroganz ist sie jedoch zumindest ungewöhnlich. Und unerhört unglaublich. Schon gar im gemütlichen Österreich.

Dieser nette, stets sauber geschleckte Jungmann mit dem vertrauens-heischenden Stirnfaltenblick soll ein böser Bube sein, womöglich ein Batman‘scher Joker? Man glaubt es kaum. Kann nicht sein, darf nicht sein. Doch je mehr Protokolle der selbsternannten Prätorianer und ihrer Vasallen ans Tageslicht kommen umso klarer und eindeutiger wird: So kann es nicht weitergehen. Dieses System ist zu Ende oder muss zu Ende gebracht werden. Die Zeit für Veränderung ist gekommen, Zeit für die Erneuerung der Demokratie, Zeit für Erstarkung der Zivilgesellschaft.

Carpe diem

Insofern hat die Affäre Kurz einen Kairos geschaffen, einen günstigen Zeitpunkt für die Erneuerung der Demokratie. Jahrelang wartet die Demokratie schon auf die Gelegenheit zur Renovierung gebrechlicher Strukturen, auf Innovation und frisches Leben. Jetzt ist sie da. Aufbauend auf den tragenden Säulen der repräsentativen Demokratie brauchen wir vor allem Strukturen für breitere Beteiligungsprozesse. Wenn Bürgerinnen und Bürger Möglichkeiten für aktive Beteiligung und Mitgestaltung der politisch-gesellschaftlichen Landschaft bekommen, werden sie diese auch nutzen. Stehen neue Möglichkeitsräume zur Verfügung, werden sie gefüllt und neue Strukturen und Handlungsmuster können sich entwickeln.

Ein nicht mehr ganz neues, aber ausbaufähiges Format ist der Bürger:innenrat, international schon mehrfach erprobt, in Österreich bisher vor allem in Vorarlberg. Bundesweit hat es heuer einen bottom up Bürger:innenrat gegeben, den Zukunftsrat Demokratie. Ab Ende November ist ein zweiter bundesweiter Bürger:innenrat geplant: Der Klimarat im Auftrag des Klimaministeriums.

Wichtige Schritte in Richtung Beteiligung der Bürger:innen am politischen Prozess und der Erweiterung der partizipativen Segmente in der repräsentativen Demokratie.

Weiter Informationen zum Thema Bürger:innenrat/Klimarat findest du hier:
www.buergerinnenrat.jetzt
www.buergerrat.de
Bürger:innenräte in Vorarlberg
www.knoca.eu (climate assemblies)

Und dann kommt der Arbeitsminister

Manche Unternehmen konnten durch die Pandemie mit staatlichen Förderungen, Umsatzersatz etc. hohe Gewinne einfahren. Viele Aktionäre haben profitiert, Großverdiener waren kaum von finanziellen Einbußen bedroht, im Gegenteil, wo schon viel Geld war, ist durch Corona noch viel Geld dazugekommen. Wer bereits im Überfluß gelebt hat, konnte dank Pandemie seinen Überfluß noch vergrößern.


Viele Klein- und Einpersonen-Unternehmen sowie Arbeitnehmer*innen dagegen brachte die Pandemie in existenzielle Nöte, sei es wegen komplettem Umsatzausfall, Gehaltsreduktionen oder Arbeitslosigkeit. Die ärmeren Bevölkerungsteile hatten deutlich mehr unter den Folgen der Pandemie zu leiden, wirtschaftlich, gesundheitlich, psychisch und sozial.

Foto von Anna Shvets von Pexels

In dieser Situation zu meinen, man solle das Arbeitslosengeld kürzen, um die Menschen zu motivieren, sich möglichst schnell wieder eine Stelle zu suchen, die es in vielen Fällen gar nicht gibt (derzeit fallen 5 Arbeitsuchende auf 1 Stelle), ist unsinnig, moralisch unerhört und gegen jede sozialstaatliche Gesinnung. So geschehen vor ein paar Wochen im ORF, ein WKO Funktionär ließ (von reich gedecktem Tische aus) öffentlich verlauten, man solle doch das Arbeitslosengeld von 55 auf 40% kürzen, dann würden die Leute die Jobs schon annehmen. Klassenkampf von oben? Ignorante Arroganz der Wohlhabenden? Elitärer Sadismus? Was zu so einer Äußerung führt lässt sich nur vermuten, da sie ja auch arbeitsmarktpolitisch unsinnig ist. Am wahrscheinlichsten scheint mir, er ist eben ein Funktionär, der funktioniert.

Es gilt nämlich schon zu bedenken, was die 40% bedeuten. Nur kurz innegehalten und hingeschaut, steht es jedem (wenn nicht blind durch das Funktionieren) klar vor Augen: Es geht nicht um ein Butterbrot, es geht um existenzielle Not und die Gefährdung der Existenz von Personen und Familien. Insofern ein Hohn, von Motivation zu sprechen. Es handelt sich um Zwang. Zwang wozu? Zwang, Jobs anzunehmen, die unter oft unwürdigen Arbeitsbedingungen schlecht bezahlt sind, was der psychischen und physischen Gesundheit schadet und kaum zum Leben reicht. Kommt noch die Forderung nach degressivem Arbeitslosengeld dazu sowie nach Begrenzung der Notstandshilfe. Bleibt einem am Ende nur die Mindestsicherung, bei der jeglicher Besitz verboten ist. Das heißt nichts anderes als die bewusste Produktion von Armut, Ausbau des Niedriglohnsektors und Ausweitung des Prekariats.

Und dann kommt der Arbeitsminister …

… und setzt noch eins drauf. Zumutbarkeitsbestimmungen verschärfen, längere Arbeitswege zulassen, schneller Sanktionen setzen. Nimmt zum Beispiel jemand einen Job für den er täglich 3 Stunden fahren müsste, der so schlecht bezahlt ist, dass man nicht davon leben kann und unmenschliche Arbeitsbedingungen aufweist, nicht an, kann der Arbeitslosenbezug bis zu 8 Wochen gestrichen werden. Kocher fordert: Restriktiver Umgang, häufiger und schneller sanktionieren. Er fordert also dazu auf, Menschen in existentielle Not zu bringen, Menschen in die Unwürdigkeit, ins Prekariat zu zwingen. Abgesehen von den menschlichen Tragödien, die dadurch entstehen können, wären auch diese Maßnahmen arbeitsmarktpolitisch völlig unsinnig. Wohl auch ein Funktionär der funktioniert. Cui bono?