Schwein statt Lamm

Vor vielen Jahren sah ich auf einer Demonstration ein Schild mit der Aufschrift ‚Wehret den Anfängen‘ und dachte mir damals, der Spruch sei doch ein bisschen übertrieben. Heute ist klar: War er nicht.

Genau. Es geht um das Arbeitsübereinkommen in Niederösterreich. Details sind zwar nur kleinteilige Abschnitte, zum Beispiel 3 Zeilen, erhellen aber oft das Hintergrundrauschen. Wirtshäuser sollen gefördert werden, sofern sie traditionelle und regionale Speisen anbieten. Mit anderen Worten: Pizza und Kebab können bleiben wo sie hergekommen sind.

Abgesehen davon, dass die Vielfalt Speisen attraktiv macht, handelt es sich hierbei um eines der grundlegendsten Überlebens/Bedürfnisse des Menschen überhaupt: Das Essen. Die Kommunikationspychologie weiß, wie effizient es ist, Menschen auf ihre Basisbedürfnisse anzusprechen. Das wirkt. Was durch den Magen geht, wird in den Körper aufgenommen und im wahrsten Sinn des Wortes verinnerlicht. Und so gelangt niederösterreichisches Nationalgefühl über den schweinsbratenfesten Magen direkt in den Kopf der Bürger.

Auf gendergerechte Sprache, auch ein Detail, soll nämlich im einzigen Bundesland mit einer Landeshaupt*frau verzichtet werden. Die Pflege der wohl traditionell gemeinten deutschen Sprache stehe im Vordergrund. Nur folgerichtig soll dann auch, wieder so ein Detail, den Pausengesprächen im Schulhof ‚Deutsch‘ verordnet werden, durch die Aufnahme in die ‚autonome‘ Hausordnung.

Als Draufgabe dann noch die Förderung des Individualverkehrs anstatt der öffentlichen Verkehrsmittel und die Forderung nach mehr Straßenbau. Das traditionelle Denken scheint hier bis in fossile Gefilde vorzudringen.

Angesichts solcher (und anderer) Details gilt für heute wohl: Über die Anfänge sind wir schon hinaus.

Der Kanzler und das Böse

Gut und Böse beschwört der Kanzler in seiner Rede zur Zukunft der Nation: „… sie sagen wir sollten am besten den Fleischkonsum verbieten, das Auto und schon gar keine Straßen mehr bauen, weil all das ist böse.“ So tönt er ins Mikrofon und verschiebt damit das Problem in den Bereich von Moral und Glaube, bezichtigt die Klimaschützer:innen quasi der Teufelsaustreibung durch die Verhinderung von Straßenbauten.

Das passt zu einer anderen Stelle, in der er behauptet, es gäbe keine wissenschaftlichen Beweise für die Folgen der Klimakrise. Würde Ähnliches von anderen in anderen Situationen geäußert, würden sie zumindest Klimaleugner, wenn nicht gar Verschwörungstheoretiker genannt. Doch das ist er nicht, nein. ER kämpft für uns gegen das Böse, und das Böse ist der Klimaschutz. Für die Rede eines Bundeskanzlers ein wirklich erstaunliches Narrativ.

Er bekam zwar viel Gegenrede, aber auch Zustimmung für eine Rede, die in weiten Teilen aus einer Ansammlung von Verschwurbelungen besteht und Zeugnis einer verantwortungslosen Politik ist. Eine Politik für die Besitzenden, für diejenigen, die bereits viel haben und aktuell noch mehr dazubekommen. Verantwortungslos also nur für den Großteil der Bevölkerung. Wenige schlagen Profit aus dieser Situation auf Kosten der Vielen.

Als Fazit könnte man meinen, die wenigen Besitzenden sind die Guten und wer sich für Klimagerechtigkeit einsetzt, sich also für die Vielen engagiert, wird den Bösen zugerechnet. Nimmt man das alles ernst, was er da so von sich gegeben hat, gäbe es eigentlich nur eine mögliche Konsequenz: Die Lizenz für Politik müsste ihm entzogen werden.

Gaias Zorn und der Frühstückskaffee

Jetzt ist klar, warum Greta Thunberg nicht nach Sharm el Sheikh gefahren ist. Und sie hatte recht. Eine Schande, sich derart an die Öl- und Gaskonzerne zu verkaufen. Die Katastrophe steht vor der Tür und die Politik tanzt mit denen, die Öl ins Feuer gießen. Katastrophen-Aktivisten könnte man ihnen allen nachrufen. Nachbrüllen. So gesehen nicht Schande, sondern Verbrechen. Ein unglaubliches Verbrechen. Letztendlich wird sich Gaia von ihrer anderen Seite zeigen und die Plage schlicht vernichten.

Und was heißt das für unseren kleinen persönlichen Alltag? Wenn die Maßnahmen nicht massiv verstärkt werden, wird es bereits 2050 keinen Kaffee mehr geben. Wollen wir das?

Jetzt mach ich ausnahmsweise Werbung. Wenn wir nämlich weiterhin Kaffee zum Frühstück genießen wollen, schaffen wir das nur gemeinsam. Du und ich, sie und ihr und wir alle. Zivilgesellschaftlich geschieht schon eine ganze Menge, in der Bandbreite von strukturell gut eingebundenen Initiativen bis hin zu Aktionismen am Rande der Legalität. Vom Volksbegehren gefordert und der Politik eingesetzt der österreichische Klimarat bis zu den aktuellen Aktionen der Letzten Generation auf Straßen und in Museen. Dazwischen bieten eine ganze Reihe von kleineren und größeren Vereinen und Inititativen Möglichkeiten, sich persönlich zu engagieren.

Zum Beispielt bei einer der 15 Allianzen von Fridays For Future:
Artists For Future
Austria Guides For Future
Coaches For Future
Doctors For Future
Entrepreneur For Future
Grandparents For Future
Museums For Future
Parents For Future
Psychologists For Future
Religions For Future
Scientists For Future
Scouts For Future
Seniors For Future
Teachers For Future
Workers For Future

oder bei:
Klimavolksbegehren,
Extinction Rebellion,
Rettet die Lobau
Radeln For Future
Hallo Klima

Eine äußerst umfangreiche Auflistung der Klimaschutz-Initiativen in Österreich findest du hier:
Plattform für Klimakommunikation

Attac zur Energiekrise

„Energiemärkte hinterfragen,
Regulierung schaffen“


Passend zum letzten Beitrag hat sich attac zur Energiekrise geäußert und stellt die grundsätzliche Frage:
„Warum zum Teufel liefern wir unsere Energie, unsere Daseinsvorsorge, solch riskanten Mechanismen wie spekulationsgetriebenen Finanzmärkten aus?“

Solange genügend und günstige Energie verfügbar ist, macht ein freier Markt wenig Probleme. In Krisenzeiten ist ein liberalisierter Energiemarkt jedoch nicht ‚gesellschaftsfähig‘. Er bringt den Wenigen eklatante Profite und bittet die Vielen zur Kasse. Das heißt nicht nur, dass man halt ein bisschen mehr für Energie bezahlt, sondern kann für viele ‚Geringverdienende‘ massive Probleme schaffen, bis hin zur existentiellen Bedrohung.

Aktuell haben Krieg und Klima für die fossile Energiewirtschaft eine veritable Krise verursacht. Attac analysiert die Situation und bringt Lösungsvorschläge: „Private und öffentliche Energieversorger sollten in gemeinnützige Gesellschaftsformen überführt werden, deren Hauptziel die Versorgung der Bevölkerung ist. Wichtig ist dabei auch die Förderung von dezentralen, erneuerbaren Energieproduzentinnen wie Bürgerinnenkraftwerke, kommunalen Energiegenossenschaften und Stadtwerken.“

Informationen und Lösungsvorschläge zur aktuellen Energiewirtschaftskrise inkl. weiterführender links und einer Diskussion auf standard.at mit Lisa Mittendrein (attac) findest du im aktuellen
Attac-Newsletter.


Die Petition für die Umsetzung der 93 vom Klimarat erarbeiteten Empfehlungen, um bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, kannst du hier unterschreiben.

Gierschlund Börse

Weder Göttliches
noch Naturgesetz


Alle starren wir auf die wildwuchernden Preisentwicklungen am Energiesektor und sorgen uns über die nächste Rechnung und den kommenden Winter. Sprünge von 700€ auf 1000€ von 150€ auf 1000€ – so etwas sei noch nie dagewesen. Unternehmen und Verbraucher:innen suchen Strategien, damit umzugehen. Von Information bis zum Klagen und Beschuldigen findet man im Netz alles, sogar Tipps, in welche Aktien man jetzt investieren sollte, weil diese von der fulminanten Berg und Talfahrt profitieren.

Kommt noch die jüngste Affäre von Wien Energie dazu, die man noch so logisch erklären kann, für die einfache Bürger:in bleibt es unverständlich. Egal weches Unternehmen wie viele Milliarden Kredit bekommt, welches Unternehmen wie viele Milliarden Übergewinn macht – letztendlich zahlen die Verbraucher:innen. Ab morgen 97% mehr. Und übermorgen?

Was man im Netz und auch in den Medien allerdings nicht findet: Kritik am Börsensystem so wie es derzeit bespielt wird. Es wird immer nur auf die Börsendynamik reagiert, diese selbst aber nie in Zweifel gezogen. Man tut so als ob es sich um unabänderliche Naturgesetze handle oder andersherum etwas von Gott Geschaffenes. Das gehört zum System. Worüber man nicht spricht, nicht sprechen darf und kann, darüber lässt sich auch nicht nachdenken, nicht reflektieren oder kritisieren.

Die Idee von Gestaltbarkeit oder Veränderung kommt nicht mal in die Nähe des Denkbaren. Es bleibt außerhalb der Wahrnehmungssphäre. Versucht man seinen Blick dorthin zu richten, sieht man – nichts. So sei es. Genau das will die Neoliberale Totalität. Ihre Grundannahmen dürfen nicht hinterfragt und daher am besten gar nicht als solche wahrgenommen werden.

Und wir – wir starren fassungslos auf unsere Stromrechnung und verstehen die Welt nicht mehr.