
Menschenverachtung oder Wertschätzung?
Der eine will sich nicht mit dem Pöbel anstellen und spricht von Tieren, wenn er Menschen meint, andere sprechen frauen- und menschenverachtend über Kolleg*innen und äußern sich herablassend über rechtsstaatliche Einrichtungen. Nicht irgendwer nach ein paar Bier im Wirtshaus, nein. Politiker und Funktionäre, denen Verantwortung in und für Demokratie und Rechtsstaat übertragen wurde. Indirekt gewählt durch die Wahl der Partei sind sie auch von uns Bürger*innen beauftragt (und per Steuer bezahlt), ihre Funktionen verantwortungsvoll und im Sinne der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätze zu erfüllen.
Dass diese Äußerungen aus einer privaten Unterhaltung stammen, ist nicht relevant, ob es rechtens ist, sie zu veröffentlichen, eine andere Frage. Wesentlich daran ist, dass hier eine Haltung ihren Ausdruck findet, eine Haltung gegenüber Menschen, Demokratie und Rechtsstaat. In diesem Fall ein Konglomerat aus Menschenverachtung, Arroganz, unverblümter Egozentrik und Machtgier. Also einer demokratischen Gesellschaft, deren Grundlagen aus gegenseitiger Wertschätzung, Respekt und Achtung gegenüber Mensch und Welt sowie der Akzeptanz von Andersartigkeit bestehen, diametral entgegengesetzt.
Jede Haltung braucht einen Boden auf dem sie wachsen und sich entfalten kann. Die momentan betroffenen Personen haben diesen offenbar gefunden, ansonsten wäre es kaum denkbar, dass sie so hohe Ämter bekleidet hätten. Keine Partei betraut jemand mit Verantwortung, der nicht ins Konzept passt oder von dem zu befürchten ist, dass er eigentlich ganz anders tickt. Das sollte man nicht vergessen, wenn man über die derzeit im Scheinwerferlicht stehenden Personen spricht. ‚Die im Dunklen sieht man nicht.‘

Frisch gestrichen
So gesehen ist die Idee von Neuwahlen, die immer wieder aufpopt, zwar nett, aber völlig überflüssig. Gewählt werden Parteien und Parteien ändern sich nicht so schnell, auch wenn sie frisch gestrichen werden. Wären jetzt Wahlen würden wir mit den Parteien dieselben Grundhaltungen mitwählen wie sie derzeit bestehen. Und ändern würde sich: Nichts.
Unsere Demokratie braucht nicht mehr vom Gleichen, sondern Neues. Neue Impulse, neue demokratische Formate und Instrumente. Mit einem Wort: Mehr Bürger*innenbeteiligung. Die Abhaltung von Bürger*innenräten, wie sie derzeit bei uns und international forciert wird, ist eine Möglichkeit. Und wenn sich die Bürger*innenräte der Weiterentwicklung der Demokratie selbst widmen, bin ich sicher, dass noch viele neue Ideen und Möglichkeiten dazukommen. In diesem Sinne: Use your voice als Bürger*in.