Im Nachhinein ist es immer leicht, zu sagen, das hätte man anders oder besser machen können. Stimmt schon. Wenn es darum geht, ‚was‘ entschieden, welche Maßnahmen gesetzt werden mussten, ist wohl die damalige Gesamtsituation mitzudenken. Die Unsicherheit war groß, kaum verlässliche Informationen oder gar adäquate Vergleichsszenarien, zusätzlich abschreckende Beispiele aus anderen Ländern – inhaltlich mussten die Maßnahmen auf dünnem Boden entschieden werden. So viel zum ‚was‘.
Um das ‚wie‘ steht es aber anderes. Ob ich eine Verordnung sachlich argumentiere, sie verfälschend oder manipulierend darstelle oder über Emotionen vermittle, das macht einen Unterschied. Hier finde ich es auch im Nachhinein berechtigt, zu sagen, das hätte man anders machen können. Das ‚was‘ unterliegt einem Imperativ. Das ‚wie‘ nicht.
Wie mit dem Schüren von Ängsten manipuliert wurde ist hinlänglich bekannt (jeder wird jemand kennen …, 100.000 Tote, der Begriff der ‚Lebensgefährder‘, …) und mit Verzerrung von Information (es gibt nur vier Gründe, dass Sie außer Haus gehen dürfen, und später wurde deklariert, ein Besuchsverbot hätte nie bestanden), die Liste wäre lang. Es wurde, wie man inzwischen weiß, auch ganz bewusst, mit der Angst gearbeitet. Argument: Sonst hätten sich die Leute nicht daran gehalten.
Wie kommt man auf diese Idee? Womit belegt man sie?
Hätte man gleich an die Verantwortung der Bürgerinnen und Bürger appelliert, sachlich und umfassend informiert, bin ich mir ziemlich sicher, es hätte genauso Wirkung gezeigt. Ob es damit funktioniert hätte und ohne Angstmache nicht – beides bleibt offen. Wobei klar ist, dass ein Volk, das Angst hat, leichter zu lenken ist. Nur sollte das kein Instrument des Krisenmanagements sein. Menschen Angst zu machen hat in der Pädagogik nichts verloren und auch nicht in der Politik. Wir brauchen weder eine ‚Schwarze Pädagogik‚ noch eine ‚Schwarze Politik‚.
Nach jeder überstandenen Krise bleibt etwas zurück. Durch die gewählte Methode bleibt vor allem Angst zurück, in ihrer Wirkung vermutlich unterschätzt: Anhaltende Ängste, Misstrauen, Verunsicherung, Depression und Rückzug, Vermeidung von Kontakten, verankert in der Angst vor einer zweiten Welle.
Hätte man gleich zu Anfang an die Verantwortlichkeit appelliert, wäre etwas anderes zurückgeblieben: Sicherheit, durch die Übernahme von Verantwortung und eigenes Handeln etwas zu bewirken, Vertrauen in sich und andere, das Selbstbewusstsein, schwierige Situationen gemeinsam und solidarisch meistern zu können. Auch im Fall einer zweiten Welle.
Eine so eingestellte Bevölkerung, würde sich weniger leicht steuern lassen, wäre aber deutlich besser befähigt, gesellschaftliche Herausforderungen solidarisch und im Sinne des Gemeinwohls zu bewältigen.
Stephan